Die erste tote Amsel fand ich vergangene Woche auf dem Weg in meinen Bio-Garten. Und war verwundert : Der Vogel wies keine Spur von Verletzungen auf. Was mochte die Ursache für seinen Tod gewesen sein?
Einige Tage später beobachtete ich eine weitere Amsel, die sich auffällig zutraulich verhielt. Tags darauf lag wieder eine tot in meinem Garten; eine dritte entdeckte ich in der Nähe meines Bienenstands. Eine Recherche im Internet bestätigte meinen Verdacht, dass die Vögel vermutlich am Usutu-Virus gestorben waren. Dieses hat bereits vor 13 Jahren zu einem großflächigen Amselsterben vor allem in Süddeutschland geführt.
Das Virus, das 1959 erstmals in Südafrika identifiziert wurde, wird durch Stechmücken übertragen. Auch Menschen können sich damit infizieren; wobei die Krankheit in der Regel nur leichte Symptome
wie Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge verursacht. Von toten Vögeln geht in der Regel keine Gefahr aus, versichert das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Es bittet
gemeinsam mit dem NABU darum, diese zusammen mit einem Kühlakku zur Untersuchung einzusenden. Wie das geht und was dabei zu beachten ist, steht hier.
Waren 2011 nur wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen, breitet sich das Virus
seit 2016 auch immer mehr in nördliche und östliche Regionen Deutschlands aus. Seit 2018 ist kein deutsches Bundesland mehr Usutu-frei. Nur aus höher gelegenen Regionen wurden bisher
noch keine toten Vögel gemeldet.
Zurzeit bekommt das Bernhard-Nocht-Institut fast täglich Pakete mit toten Amseln – auch aus Niedersachsen. Bundesweit sind in
diesem Jahr bereits 1.300 Meldungen von Usutu-Verdachtsfällen eingegangen, die meisten davon im Juli und August. Die Infektionszeit reicht jedoch bis in den November.
Während das Tropeninstitut vor allem die Ausbreitung des Virus erforscht, will der NABU darüber hinaus klären, wie stark sich das Virus auf die Gesamtpopulation der Amsel auswirkt. Zwar gehört Turdus merula zu unseren häufigsten heimischen Vogelarten; sie kommt in fast jedem Garten vor. Aber dieser Status kann sich schnell ändern, wie die Entwicklung vieler ehemaliger "Allerweltsarten" zeigt.
Aus Sicht von Vogelfreunden gibt es zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer: Seit 2011 konnten Ornithologen und Tropenmediziner feststellen, dass immer dann besonders viele Vögel verenden, wenn das Virus erstmals in einer Region auftritt. In den Folgejahren sinken die Todeszahlen dann auf ein niedrigeres Niveau.
Peter Mohr / Johanna Romberg
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